Du hast einen oder mehrere kleine oder große Trotzköpfe zu Hause? Der ewige Bock reibt dir die Nerven auf? Du weißt nicht mehr, wohin mit dir, und würdest dem ganzen gern ein Ende bereiten? Willkommen im Club! Ich spreche aus jahrelanger Erfahrung und habe mir notgedrungen ein ganzes Arsenal an Strategien zugelegt, um dem ewigen Trotz und Bock begegnen zu können. Und diese Strategien möchte ich gerne mit dir teilen!
Wie schon in Teil I der besten Sofort-Hilfe-Maßnahmen gilt auch hier das Prinzip der „unexpected interaction“ – statt zu schimpfen oder zu nörgeln verblüffen wir das Kind mit einer völlig neuen, unerwarteten Reaktion und holen es so aus seinem Trotz heraus. Solltest du den ersten Teil dieser Reihe noch nicht kennen, empfehle ich dir sehr ihn dir anzuschauen. Dort findest du weitere wertvolle und grundlegende Tipps für den Umgang mit Trotzköpfen jeden Alters.
Willkommen zum zweiten Teil der besten Sofort-Hilfe-Maßnahmen bei akutem Trotz!
Teil II für größere Kinder ab 3 Jahre
- Ins Ohr flüstern/ Ein Geheimnis verraten – Dazu beugt man sich theatralisch zum Ohr des Kindes, lockt es mit dem Finger näher zu sich heran und flüstert geheimnisheischend „Soll ich dir ein Geheimnis verraten?“. Und dann flüstert man dem Kind entweder die pädagogisch wertvolle Botschaft ins Ohr oder kündigt ein tolles Spiel an, dass man gern zusammen spielen möchte. Gut kombinierbar mit der Kunstpause (Tief Luft holen) und dem geheimnisvollen Lächeln.
- Muffelmonster vertreiben – Im Vorfeld lohnt sich die gemeinsame Lektüre des sehr schönen Buches „Tschüss, kleines Muffelmonster“ von Julia Böhme. Darin gibt es ein kleines, schwarzes, flauschiges Muffelmonster, das immer auftaucht, wenn es schlechte Laune hat und wieder verschwindet, wenn es gute Laune bekommt. Dieses Muffelmonster kann man dann auf den Schultern des Kindes auftauchen lassen und beschreiben, wie knurrig es guckt und wie es durchsichtig wird, wenn die Laune des Kindes besser wird. Oder man schnappt es sich imaginär und wirft es ganz weit weg aus dem Fenster, damit es nicht wieder kommt – das kann man gerne auch zusammen mit dem Kind tun. Oder in meiner aktuellen Version wurde das Kind vom Muffelmonster aufgefressen und ich rufe laut: „Muffelmonster! Was hast du mit [Name des Kindes] gemacht?! Rück sie wieder heraus!“ Und dann suche ich am Körper des Kindes, wo sich noch ein Rest meines lieben, süßen Kindes versteckt haben könnte, bevor es vom Muffelmonster gefressen wurde.
- Zaubern – Eine simple und effektive Technik. Man setzt ein ernstes Gesicht auf, fuchtelt mit komplizierten Gesten wild durch die Luft, sagt dazu einen Fantasie-Zauberspruch auf und kombiniert diesen mit einem gewünschten Zielzustand. Das könnte dann so klingen: „Abrakadabra, dreimal schwarzer Kater! [Name des Kindes] ist jetzt wieder lieb! Hex Hex!“. Wenn es klappt, Daumen hoch, wenn es nicht klappt, guckt man verunsichert auf seinen imaginären Zauberstab, schüttelt ihn kräftig und beschwert sich lautstark, dass dieser kaputt sei.
- Wettbewerb daraus machen – Abhängig vom Temperament des Kindes kann diese Maßnahme sehr effektiv sein. Manche Kinder können einer Aufforderung zum Wettrennen ins Bad („Wer als erster da ist!“) oder zum Wettanziehen („Wer als erster fertig ist!“) einfach nicht widerstehen, egal wie bockig sie vorher waren. Natürlich ist es hilfreich das Kind zum einen gewinnen zu lassen, ihm zum anderen aber auch zu vermitteln, dass es gar nicht so wichtig ist, wer gewinnt oder wer schneller ist. Wenn man das oft genug mantra-artig wiederholt, verinnerlicht es das Kind und erzählt es dir dann später selbst.
- Etwas heimlich machen – Noch eine Sache, der Kinder einfach nicht widerstehen können, ist irgendetwas heimlich zu machen. Besonders hilfreich ist es natürlich, wenn es noch jemanden Drittes gibt, vor dem man etwas heimlich machen kann. Beliebte Spiele sind zum Beispeil „Heimlich essen, so dass es […] nicht sieht“ und „Den Löffel zu […s] Mund führen, um ihn dann im letzten Moment vor der akuten Bedrohung zu retten und selbst zu essen“. Gut funktioniert auch „Heimlich anziehen bevor es […] sieht und sie/ihn damit überraschen“. Diese Variante ist besonders hübsch, da das Kind dann motiviert ist, seine geliebten Bezugspersonen mit positivem Verhalten zu überraschen – was dann auch entsprechend positiv verstärkt und gewürdigt werden sollte.
- Absprachen treffen – Ab dem 4. Lebensjahr kann man sich in einem ruhigen Moment – also nicht während des Trotzanfalls! – mit dem Kind hinsetzen, über sein Verhalten sprechen (Was ist passiert? Was hast du gemacht? Wie hast du dich dabei gefühlt? Wie ging es mir damit? Was waren die Konsequenzen?) und dann die Millionen-Euro-Frage stellen: „Wie wollen wir es in Zukunft besser machen?“. Als nächstes lassen wir das Kind überlegen und warten auf seine Vorschläge. Danach unterbreiten wir unsere eigenen Vorstellungen und versuchen einen guten Kompromiss zu finden. Dieser wird dann bildlich (vom Kind gemalt) und schriftlich (von uns geschrieben) festgehalten, an die Wand geheftet und bei der nächsten kritischen Situation zitiert.
Wunderbar! Nun bist du ausgerüstet mit allem kreativen Werkzeug, dass du zur Behandlung akuter Trotzanfälle brauchst. Sei mutig und setze diese Sofort-Hilfe-Maßnahmen sofort um. Probiere aus, was bei deinem Kind am besten funktioniert und genieße das neue, entspannte Familienleben 🙂
Drei Dinge möchte ich dir noch besonders an Herz legen:
-
Bring dein Kind zum Lachen, egal wie. Dann kann es gar nicht mehr bockig sein.
-
Sobald dein Kind einen winzigen Anflug von Lächeln zeigt – bemerke und verstärke es sofort! Sage deinem Kind wie toll du sein Lächeln findest.
-
Sei kreativ. Denk dir ruhig neue, eigene kreative Lösungsansätze aus. Vielleicht magst du sie mit uns teilen?
Abschließend sei noch erwähnt, dass es bei diesen Sofort-Hilfe-Maßnahmen nicht darum geht, das Kind von seinen negativen Gefühlen abzulenken oder gar diese zu negieren. Vielmehr nehmen wir diese Gefühle wahr und an als das, was sie sind – temporäre, vergängliche Ereignisse in der Psyche unserer Kinder. Diese haben einen bestimmten Zweck, nämlich dem momentanen Frust Ausdruck zu verleihen, sei es, weil man etwas (noch) nicht kann oder nicht darf oder weil man leider die Vormachtsposition der Eltern akzeptieren muss. Mit unserer spaßigen Intervention machen wir dem Kind ein Angebot und erleichtern es ihm den „Modus“ zu wechseln. Dieses Angebot kann es annehmen oder auch nicht. So entscheidet es ganz selbstbestimmt, ob und wie es sich und seine Emotionen selbst reguliert.
So – und jetzt wünsche ich dir viel Spaß beim Ausprobieren und Staunen! Berichte mir auch gern von deinen Erfahrungen 🙂
Ein Kommentar
Kommentare sind geschlossen.